Montag, 19. März 2007

Lauf, Forrest, lauf!

Gestern hatten meine Kinder ihren zweiten Leichtathletik-Wettkampf. Ich war das erste Mal dabei. Es war fürchterlich. Ich weiß nicht, was mich mehr bestürzte. Die Fehlleistungen der Kinder oder die Reaktionen der Eltern.

Da erntet die zehnjährige Nele von ihren Eltern stürmischen Beifall, nur weil sie ungelenk 2,30 Meter weit springt und Vorletzte wird. Janina, 9, trottet beim 30-Meter-Sprint den anderen hinterher, trägt dafür aber mit ein festgemeißeltes Lächeln im Gesicht und wird von ihren Eltern für die Eleganz ihres Laufstils gelobt. Pascal, 11, verpennt den Start beim Staffellauf. Die Eltern grinsen dazu und kommentieren die bodenlose Fehleistung ihren Bekannten gegenüber mit einem "Er ist halt verträumt". In meiner Kindheit hätte die Staffelmannschaft den Penner ordentlich verprügelt. Meine Fresse, in einem Jahr kommt der Bub in die Pubertät. Wenn er sich beim Onanieren dann auch so blöd anstellt.

Ich frage mich, ob es den Kohlendioxidausstoß der unzähligen Sharans und Tourans wert ist, mit denen diese Kinder zweimal wöchentlich ins Training gefahren werden. Wenn sie sich dann nicht einmal wie normale Kinder bewegen können.

Meine zwei schlugen sich ganz achtbar. Hängten die Pascals, Neles und Janinas ab, blieben dafür aber unter den Leistungen der überambitionierten Dreikäsehochs, die sich stretchen und achtmal vor dem Lauf probehalber aus dem Startblock heraussprinteten, mit Kennermiene ihre Schuhe begutachteten, verächtlich auf ihre Gegner herabblickten und von ihren Eltern dann nach der Siegerehrung wie Wunderwerke ausgestellt wurden.

Ich könnte also zufrieden sein. Bin es aber eigentlich nicht. Vielleicht sollte ich einfach nicht mehr hingehen.

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pathologe - 19. Mär, 10:49

Und von dieser Art Kinder will Frau vdL unsere Republik bevölkern lassen? Aus Kindern werden irgendwann Erwachsene, den Rest kann man sich ja dann ausmalen.

testsiegerin - 19. Mär, 10:56

ganz ehrlich, mir ist tausendmal lieber, die eltern verhalten sich auf diese weise als sie drillen und verprügeln ihre kinder, weil sie die erwartete leistung nicht bringen.
auch ich sag zu meiner tochter beim klaviervorspiel, dass sie das klasse gemacht hat, selbst wenn sie patzt. weil mir viel, viel lieber ist, dass sie etwas macht, das ihr spaß macht, selbst wenn sie nie wie ein chopin spielen wird, als wenn sie frustriert und verzagt ist. und ich denk, die kinder können ihre eigene leistung meistens ganz gut selber einschätzen.

von diversen bewerben zu dsds mal abgesehen.

Stachanow - 19. Mär, 11:25

Ich gebe Dir recht dahingehend, dass Leistungsdruck nichts bringt. Und ich gebe dem Pathologen recht, dass keinem Kind damit gedient ist, wenn die Eltern die Augen davor verschließen, wenn eine Leistung eben keine ist. Wir leben nun einmal in einer Leistungsgesellschaft. Und ich stelle in Zweifel, dass Kinder ihre Leistung selber einschätzen können. Mit dem DSDS-Beispiel bringst Du einen schlagenden Gegenbeweis dafür.

Ich meine, es ist Betrug an den Kindern, wenn sie ein Jahr lang auf einen Wettkampf trainieren und dann Leistungen abgeben, die weit unter ihren Möglichkeiten liegen.

Aber wie gesagt: Ich bin sehr unschlüssig, ob und wie ich die sportlichen Aktivitäten meiner Kinder bewerten soll und frage mich deswegen immer noch, ob ich beim nächsten Wettkampf wieder zuschauen werde.
Murmeltier_Phil - 19. Mär, 11:45

Es ist ja schon ein Wunder, dass Kinder überhaupt Sport machen und nicht tagein, tagsaus vor der Glotze und/oder der X-Box langsam verfettend abhängen.

kranich05 - 25. Mär, 10:46

Schöner Sonntag!

Wenn ich mir diese verkrampften kleinen Sportler vorstelle und diese gewaltsam unverkrampften Eltern, kann ich sogar den lässig vor dem Fernseher lümmelnden, mampfenden Kids etwas abgewinnen -
sagt einer, der keinen Fernseher hat.

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