Freitag, 15. April 2005

Pressekonferenz am Mittwoch

Kunde will Pressekonferenz auf einer Messe, Stachanow soll organisieren. Stachanow macht es klug. Zuerst bezirzt er die Frau in der Pressestelle der Messe mit bäurischem Charme, bis sie den Buchungsplan der Konferenzräume rausrückt - zwei Wochen, bevor er online gestellt wird. Okay, die offiziellen Termine sind bekannt.

Was ist aber mit den Stand-PKs? Jetzt beschwatzt Stachanow die Messeleitung, bis sie ihm sagt, wann welche Aussteller darum bitten, die Musik am Nachbarstand leise zu drehen.

Nun ruft er den Chef vom Dienst der meinungsführenden Fachpublikation an, der ihm zusätzlich die Termine seiner Redaktion rausgibt. Das verifiziert er mit den Angaben eines zweiten Chefredakteurs.

Bei der Durchsicht von 20 Seiten Fax, 15 Seiten Word und 8 Ecxel-Sheets stellt Stachanow fest, dass zwei sehr große Aussteller ihre Termine noch nicht veröffentlicht haben. Natürlich kennt er die Pressechefs dieser Unternehmen und ruft durch. Ja, die Termine sind nicht offiziell, hört er am Telefon. Er macht einen Deal: Ihr kriegt das Timetable aller Pressekonferenzen, wenn Ihr mir Eure Termine gebt. Es funktioniert.

Zuletzt macht Stachanow für den Kunden eine schnuckelige Gesamtübersicht und legt die dem Cheffe dort vor.

Und der sagt: Unsere Pressekonferenz ist am Mittwoch, weil am Donnerstag muss ich zum Friseur.

Trackback URL:
https://stachanow.twoday.net/stories/629035/modTrackback

40something - 15. Apr, 11:13

Da schwankt man zwischen sich kugeln vor lachen und auf den Teppich kotzen...

Problem ist bekannt und könnte ergänzt werden um: Es müssen aber mindestens auf dem Podium sitzen... (gefolgt von der Aufzählung der sieben wichtigsten Abteilungsleiter).

Du hast mein Mitgefühl.

Stachanow - 15. Apr, 11:17

Und weitere Ergänzung zu den sieben Abteilungsleitern: Neuigkeiten haben wir keine, aber wir müssen unsere Unternehmensstory besser rüberbringen ... Danke fürs Mitgefühl.
40something - 15. Apr, 11:27

Stachanow, hat die Tagesschau auch schon zugesagt? Warum nicht? Kümmern Sie sich drum!
che2001 - 15. Apr, 11:34

Problem bekannt und ist eigentlich immer so.
Wobei, eine Geschichte kenne ich, die fällt aus dem Rahmen.
Sorry, wenn sie etwas länger ist. Also:

Auf der Spitze eines Hochhauses gibt es ein komfortabel eingerichtetes Büro. Es ist geräumig genug, um Badminton darin zu spielen. Der Fußboden besteht aus einem Parkett aus reinem Mahagony. Der Schreibtisch besteht ganz aus goldeloxiertem Stahl und Rauchglas und ist zwei mal drei Meter groß. In einem Regal, das als Raumteiler dient, sind altägyptische und chinesische Preziosen drapiert, und es würde nicht verwundern, wenn sie echt sind. Nach vier Seiten bieten riesige Glasfenster einen fabelhaften Blick über die große Stadt. Der CEO hat den freien Werbedesigner herkommen lassen, der ein neues Firmenlogo entwerfen soll. "Das Logo ist Scheiße", sagt er. Es ist das zwölfte Mal, dass er einen Entwurf des Designers ablehnt. Dieser hat bisher nicht einen Cent bekommen, er wird nur für das Ergebnis bezahlt. Der Designer sieht sein Gegenüber an. Er sieht die Macht, die aus dem Blick dieses Mannes mit Beton in den Mundwinkeln spricht. Er sieht die Motivation dieses Mannes_Erniedrigung, sehen, was der Desuigner alles mit sich machen lässt, wie weit er sich treiben lässt. Er ist den Tränen nahe; wie fast alle Kreativen ist er ein sensibler Mensch.
"Warum gefällt Ihnen das Logo0 nicht?" fragt wer den CEO."es fehlt eine Spirale," erwidert dieser mit einer Stimme wie langsam tropfendes Öl, "ja, eine Spirale wäre gut!" Er fängt an zu grinsen. Von einer Spirale war nie die Rede gewesen. Da gibt sich der Designer einen Ruck und sagt: "Dann sagen Sie doch zu Ihrer Frau, Liebling, kann ich mal kurz an Deine Vagina, holen die Spirale raus und scannen sie ein, dann haben Sie ein Logo!"

Das Gesicht des CEO ist unbeschreiblich. Dumme Fresse wäre ein Euphemismus; der Ausdruck ist zwischen debil und idiotisch anzusiedeln. Der Designer zückt eine Digitalkamera und fotografiert sein Gegenüber: "Das Bild und die Geschichte kommt in die Titanic, vielleicht aber auch nicht. Verhandeln lasse ich nicht mit mir und Geld nehme ich keins von Ihnen, ich bin ja kein Erpresser." Sprichts und geht pfeifend hinaus. Hier geht ein Mann, der sich nicht brechen lässt.
Stachanow - 15. Apr, 11:39

Ich will in:

_die Zeit
_die Bild
_das Handelsblatt
_die FAZ
_das Manager Magazin
_die Financial Times (die echte! Nicht der deutsche Ableger)
_den Focus

Platzierung:

_Titelseite
_Aufmacher Wirtschaft

_drei-
_vier-
_fünfspaltig

_mit /
_ohne Kommentar auf Seite 2

Die Informationen sollen
_exklusiv behandelt /
_parallel über den DPA-Bundesdienst verbreitet werden.

_Herr Markwort /
_Herr Clement /
_Frau Christiansen soll mich bitte am ________ um _______ Uhr anrufen.

Zutreffendes bitte ankreuzen, Nichtzutreffendes streichen.
40something - 15. Apr, 11:48

Juchhu...

Und, Herr Stachanow, lassen Sie bitte Ihre Sekretärin am Tag vorher in allen, ja, allen Redaktionen anrufen, ob die auch wirklich kommen, ja?
Stachanow - 15. Apr, 12:04

Man merkt, Du bist vom Fach. Nur sagt der Kunde: Das Anrufen sollten Sie nicht subalternen Kräften überlassen, Herr Stachanow. Das machen Sie persönlich, wir zählen ganz auf Ihre Verbindungen!

Blöd nur: Die Nachtelefoniererei funktioniert - ähnlich wie ots.
che2001 - 15. Apr, 12:34

Richtig nervig sind dann die Konzerne mit so richtig verhärteten Strukturen, wo für die PK eine Sitzordnung festgelegt wird, die der internen Hierachie und nicht den Bedürfnissen des Fotografen angepasst ist. Das krasseste Beispiel, das ich kannte, war ein Manager eines großen IT-Konzerns, der bei einer Pressekonferenz, auf der es um sein ureigenes Thema ging, teilnehmen wollte und dem man das vewehrte mit dem Argument, dass man dann alle Manager seiner Hierarchiestufe teilnehmen lassen müsste, und der Produktivitätsausfall wäre nicht verkraftbar. Referiert haben die dann einen Text, der zum größeren Teil von mir stammte und zwei Jahre zuvor für eine andere Software und ein anderes Unternehmen geschrieben worden war. Und das vor Hunderten Journalisten.
40something - 15. Apr, 12:37

Ach ja.

Du, ich weiß, es ist ne blöde Frage. Ja, diese verdammte Pk übermorgen. Nee, klar, ist ja eigentlich nicht Dein Thema. Aber der Chef.... Ja, logisch, versteh ich. Würdest mir aber einen Riesengefallen tun. Wir könnten ja auch hinterher noch schnell ein Bier zischen. Das würde mir also echt helfen, wenn Du das schaffen würdest...
Stachanow - 15. Apr, 13:36

@che: Jaja, in den Zeiten des Hypes hat man sie noch in Zenturien gekriegt - mit dem größten Dreck und Geld, der bereitwillig abgeschrieben wurde. Heute wird der Dreck immer noch abgeschrieben, aber es heißt strampeln. Und, wie 40something es treffend zitiert, es heißt: Bier zischen unter Freunden ...
che2001 - 15. Apr, 19:41

Nix Zeiten des Hypes, das war 2002, und das Unternehmen, das die PK gab, kriegt auch heute locker Hunderte Journalisten. Wenn Dich die Story interessiert, mail mich mal privat an oder ruf mich an.

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