Politik

Montag, 30. April 2007

Gewerkschaftsheuchler. Journalistenheuchler

Heute in der Post: Post für meinen Kollegen vom Bayerischen Journalistenverband. Aber nicht zugestellt von der Deutschen Post, sondern, für ein paar Cent weniger, von einer anderen Zustellorganisation.

Eine Gewerkschaft also nimmt die Dienste von Briefdiensten in Anspruch, deren Niedrigstlöhner sich für fünf Euro die Stunde buchstäblich abstrampeln dürfen und dafür, dass sie in diesem unseren Lande überleben können, zusätzliches Arbeitslosengeld II beziehen müssen, sodass die Jobs mit Staatsknete subventioniert werden.

Morgen, zum 1. Mai, darf ich dafür wieder die Feiertagsreden der Gewerkschaftsheuchler hören, ihr Geschwalle von sozialer Gerechtigkeit.

An Heuchelei nicht zu überbieten ist das.

Und noch eins obendrauf: Die Dumpinglohnbriefdienste sind vielfach Ableger der deutschen Zeitungsverlage. Auf den Redaktionsseiten greinen die Journalistinnen und Journalisten, also die Herrschaften mit dem hehren Aufklärungsauftrag, gerne über Dumpinglöhne. Aber nur allzu gerne verschweigen die Damen und Herren Berufsaufklärer, dass niemand anderer als ihr Arbeitgeber in der Schwestergesellschaft "Zustelldienst" die Billigstlöhner ausbeutet und auf jeden Sozialstandard scheißt, wenn es denn der Gewinnmaximierung dient.

Diese Doppelmoral kotzt mich an.

Dienstag, 1. August 2006

Doppelbelastung

Zehn Jahre ist es gut gegangen. Zehn Jahre lang hat Reinhard Göhner, die Bürde des Hauptgeschäftsführers der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) getragen und war zugleich Mitglied des Bundestags. Nun will er nicht mehr antreten - für den Bundestag natürlich. Den hochdotierten Funktonärsjob wird er behalten. Damit jeder weiß. wo sein Herz schlägt. Quatsch. Damit jeder weiß, was ihm näher ist.

Es ist erklärtermaßen nicht die öffentliche Kritik, die dem Diener zweier Herren zusetzt. Es ist die Doppelbelastung, die dem armen Manne jetzt auf einmal zu schaffen macht. Nachdem es, wie gesagt, zehn Jahre lang gut gegangen ist.

Glaubwürdig ist das. So glaubwürdig wie vieles andere, was die wirtschaftsliberalen Verbandsfunktionäre den ganzen Tag an Forderungen in Positionspapiere gießen und den Parlamentariern einzuflüstern versuchen.

Deshalb freut es mich sehr zu sehen, wie professionell sich Reinhard Göhner aus der Affäre zieht.

Dienstag, 25. Juli 2006

Göhner, ein Mann der Wirtschaft

Der BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner hat kein Problem, neben seinem Cheflobbyistenjob ein Bundestagsmandat zu führen.

Der Streit über die Trennung von Mandat und Funktionärsamt sei eine "künstliche Diskussion", sagte Göhner. Es müßte im Gegenteil mehr Abgeordnete geben, die neben ihrem Mandat in der Wirtschaft arbeiteten.
So steht es hier zu lesen, unter anderem.

Der Mann verwechselt etwas Grundlegendes. Wirtschaft ist Agrar, Industrie, Dienstleistung, Handel. Wirtschaft ist Wertschöpfung. Wirtschaft ist nicht Verband.

Montag, 24. Juli 2006

Land der Ideen

Ähm, Adolf, ich hätte da mal ne Idee im Land der Ideen ...

Aus dem Land der Ideen ...

Tipp: Bild anklicken, dann wirds groß als Pop-up.

Donnerstag, 29. Juni 2006

Jenische

Deutschland wird nie multikulturell werden. Denn Deutschland hat nie begriffen, dass es multikulturell ist, dass es hierzulande Minderheiten gibt. Minderheiten wurden immer ausgeblendet. Zum Beispiel die Jenischen.

Im Ichenhausen, vielleicht zehn Kilometer entfernt von dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gibt es viele Jenische. Sie wurden meist abschätzig Wackes genannt, wobei Wackes eigentlich für Elsässer steht. Oder Zigeuner, dabei sind die Jenischen hellhäutig. Die Jenischen aus Ichenhausen waren landauf, landab verrufen als üble Schläger und Messerstecher, allesamt kleinkriminell. Nicht nur die Eltern, auch die älteren in der Clique bedeuteten einem, einen weiten Bogen um die Jenischen zu machen. Und das haben wir gemacht. Wer die Jenischen waren, hat uns weiter nicht interessiert.

Einmal, 1984, habe ich bei einer Ferienarbeit einen Jenischen kennengelernt, Wolfgang hieß er. Ich war 19, Schüler, unbedarft. Er war 19, verheiratet, Vater einer Tochter, kriminell, hatte Knasttätowierungen. Wolfgang war nett. Er lud mich nach der Schicht, Taubenscheiße wegputzen im Rohbau des Atomkraftwerks Gundremmingen, Block B, zu seiner Familie ein, in eine Wohnsiedlung, die einem Schrottplatz glich. Seine Schwester nannte mich, ich kann den Wortlaut nur aus meiner Erinnerung wiedergeben, „zschuckersche Bul“, was ich für mich damals mit „zuckersüßem Buhlen“ übersetzte, und hat mir vor der versammelten Großfamilie am Essenstisch den Kopf getätschelt. Vielleicht stimmt es ja mit dem zuckersüßen Buhlen. Auf jeden Fall haben alle in Wolfgangs Familie darüber gejohlt und gewiehert. Es gab Hausmannskost, kein Zigeunerschnitzel. Ich kam fröhlich, lebend und ziemlich besoffen von dem Spontanfest bei Wolfgangs Familie nach Hause. Nach dem Ferienjob ging ich studieren, verlor Wolfgang aus den Augen.

Das Phänomen der Jenischen habe ich nie weiter ergründen wollen. Bis ich gestern auf einen Eintrag in der Wikipedia stieß und auf weitere Seiten im Netz. Die Herkunft der Jenischen bleibt für mich wie für sie selber mysteriös. Aber sie haben eine Jahrhunderte alte Kultur. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie als „Zigeunermischlinge“ oder „Asoziale“ verfolgt und in den KZ zusammen mit den Sinti und Roma ermordet. Trotzdem sind die Jenischen in Deutschland heute eine der letzten Gruppen, deren Verfolgung keinerlei öffentliche Anerkennung fand.

Ich habe nachgefragt bei Leuten aus der Gegend, die ich längst verlassen habe: In Ichenhausen gelten sie immer noch als Wackes und Zigeuner.

Donnerstag, 8. Juni 2006

Zensur

Mein Kollege ist gerade in Schanghai, eine Kombination aus Urlaub und Arbeit am Notebook, er sitzt an einer Kundenzeitschrift für einen treu-doofen Maschbauer aus Baden-Württemberg. Die Texte meines Kollegen müssen, ehe er sie per E-Mail an die Agentur übermitteln darf, von einem Zensor gelesen werden. Irrwitzige Vorstellung. Ein chinesischer Zensor bückt sich über Geschichten, in denen die unbestreitbaren Vorzüge von Fünfachsendrehwellengelenkschenkeln in aller Ausführlichkeit beschrieben sind, nickt wissend und gibt dann die Übertragung frei.

Scheiß Land, das da unten. Sage ich ganz unzensiert.

Dienstag, 6. Juni 2006

200 Milliarden Dollar Umweltschäden

200 Milliarden Dollar an Umweltschäden jedes Jahr richtet der Raubtierkapitalismus in China an. Das sagt, siehe Link, der Vizechef des chinesischen Umweltamtes. Wenn dazu noch eine Dunkelziffer kommt, wie sie etwa bei der Angabe der vollstreckten Todesstrafen hinzuzurechnen ist, dann ist es bald vorbei mit dem Land.

Dem Raubtierkapitalismus ist das einerlei, er zieht einfach weiter, ein neues Land verwüsten.

Und was lernen wir daraus?

Dass es vielleicht doch geschickter wäre, ein Hemd in Deutschland für 15 Euro herzustellen statt in China für fünf? Oder einen platten Fahrradschlauch zu flicken, anstatt einen neuen zu kaufen, für drei Euro im Baumarkt? Oder eine Heckenschere für 100 Euro zu kaufen und keine für 30? Oder darauf zu verzichten, einen Fußball für 110 Euro zu kaufen, nur weil der die richtige Marke hat, wobei der Ball in Fernost für fünf Euro hergestellt wird?

Ich fürchte, das passt nicht recht in unsere Konsumwelt.

Mittwoch, 24. Mai 2006

Reisewarnung

Uwe-Karsten Heye hat bekanntlich eine Reisewarnung für ausländisch aussehende Menschen herausgegeben. Als ich, ein deutsch aussehender Blondi und Provinzler, unlängst in Berlin S-Bahn fuhr und dabei einen offenkundig fremdländisch aussehenden Menschen nach dessen Dafürhalten zu lange angesehen habe, drohte er mir Prügel an.

Gibt es auch Reisewarnungen für blonde Provinzler?

Und: Kommt man, wenn man sie ausspricht, damit in die Medien (die braunen Arschwische mal ausgenommen)?

Montag, 20. März 2006

24 Monate Probezeit

Im Koalitionsvertrag unserer tollen großen Koalition, geführt von unserer tollen und durchsetzungsfähigen und überhaupt nicht zickigen Erfolgskanzlerin Angela Merkel steht drinnen, dass die Probezeit bei Neueinstellungen auf 24 Monate ausgedehnt wird. Der (seit er Vizekanzler ist ständig affig grinsende) Münte hat's abgezeichnet. Dem Depp von Kauder ist's nicht genug, daher kommt das Thema bei uns gerade in die Medien, unter der Rubrik Parteiengezänk.

In Frankreich läuft die Angelegenheit unter einer anderen Rubrik. Dort hauen die jungen Leute wegen der Verlängerung der Probezeit bei Neueinstellungen auf 24 Monate, jawoll, wegen des identischen Sachverhalts, gerade alles zu Klump. Und zwar, aus meiner Sicht des Kleinunternehmers, zu recht. 24 Monate Probezeit heißt nichts anderes als Perma-Temp (oder Dauerpraktikant, wobei der Anglizismus ausnahmsweise schöner ist, weil nettes Paradoxon). Und das muss niemand mit sich machen lassen. Wer als Unternehmer Leute braucht, der soll sie einstellen. Wenn er sie wieder loswerden will, soll er zahlen. Dafür verdient er mit seinem Kaptialeinsatz ordentlich Geld. Fertig.

Hey, wir haben doch Globalisierung?! Wie wäre es mal mit einem Streik in Deutschland? Nicht ein Streik gegen 18 Minuten mehr Arbeit. Sondern ein Streik gegen 24 Monate Probezeit, ein Streik nach französischem Vorbild, höchst politisch, damit in Deutschland höchst illegal, aber auch höchst wirkungsvoll.

Dienstag, 10. Januar 2006

Detroit

Es war vorgestern, glaube ich, da lief ein Beitrag über Detroit im "Heute Journal" auf dem ZDF. Die Stadt hat von ehedem 2 Millionen Einwohnern eine Million verloren. Die Bilder zeigten ein einziges Glasscherbenviertel. Oder eine Kulisse für Endzeitfilme.

Marx hatte Recht. Der Kapitalismus ist auf dem Hund.

Zumindest der nach angloamerikanischer Prägung. Und wir in Good Old Germany? Unsere Neoliberalen eifern dem amerikanischen Wirtschaftssystem hinterher, mit Shareholder Value, Luftbuchungen nach IFRS und einem "Deutschen Corporate Governance Kodex" mit Pseudoregeln guter Unternehmensführung. Wir haben unsere Gewerkschaften entmachtet und die Mitbestimmung ausgehebelt. Dafür faseln wir was von "Mitarbeiter als wichtigstem Kapital".

Und das sage ich als (Klein-)Unternehmer.

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