Mittwoch, 16. März 2005

OTS: Ab morgen spamme ich

Bisher mache ich ganz klassische, ganz langweilige, ganz konventionelle Pressearbeit. Aber morgen probiere ich den ots (Original Text Service, samt neumodernem kleinschreib und Deppenleerzeichen) von der dpa aus und spamme die Welt zu. Bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob das funktioniert.

Wenn ja, wäre das bedauerlich. Ich müsste auf die alten Tage umdenken.

Bilder

Gerade werde ich gefragt, weshalb ich keine Bilder mitposte. Weil es mir zuviel Arbeit ist. Nicht das Einstellen. Das Digitalisieren. Ich fotografiere analog. Für die Familie, damit wir an matschigen Sonntagnachmittagen ein Album aus dem Regal herauslupfen und uns amüsieren können, ohne die Kiste hier hochzufahren. Und im Geschäft, weils Zeit spart. Es geht x-mal schneller, aus 50 Abzügen die brauchbaren fünf herauszufischen, als 50 Bilder am Bildschirm aufzurufen, zu vergleichen, auszuwählen, umzubenennen und zu verschlagworten.

Die guten Analogbilder werden noch einmal anständig abgezogen und gescannt. Dann stimmt meist auch die Farbtemperatur, die man bei digitalen Bildern immer noch nachbearbeiten darf und zuletzt doch nicht richtig hinkriegt. Die restlichen 45 unbrauchbaren Bilder heißen in der Analogfotografie nicht DSC4002101 und vermüllen das Bildarchiv, sondern werden rigoros weggeschmissen, samt dazugehörigen Negativstreifen.

Einschränkend zu sagen: Für eilige Jobs haben wir natürlich zwei Digitalkameras im Geschäft. Aber meine gute zehn Jahre alte Nikon ist besser.

Verkehrserzieher

Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig. Mein Motorrad geht von Null auf Hundert in drei Sekunden. Sechskommazwei Sekunden später, freie Bahn vorausgesetzt, geht die Digitalanzeige des Tachos über die 200. Schluss ist bei 261. Ich fahr sie aus. Gerne und wann immer es geht.

Trotzdem: Wenn ich von meinem Heimatdorf in die Arbeit fahre, überhole ich nicht mal einen LKW. Bloß die Bauern auf ihren Traktoren sind wirklich zu langsam. Warum ich schleiche? Weil nach acht Kilometern die erste Ampel kommt. Und bis in die Stadt sechs weitere. Von den sieben Ampeln sind im Schnitt vier grün und drei rot. Wenn ich einen überhole, hat der mich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit an der nächsten roten Ampel wieder eingeholt. Selbst wenn ich eine Ampelschaltung schneller bin, spare ich auf die Gesamtstrecke maximal anderthalb Minuten. Ich habe fünf Jahre Zeit gehabt, das herauszufinden.

Andere haben das noch nicht kapiert. Beinahe jeden Tag werde ich von Kleinwagen überholt, am Steuer wildgeworden gestikulierende subalterne Sachbearbeiter auf dem Weg zu Siemens. Oder Vertriebler der Audi-A6-5er-BMW-Klasse, die mir zeigen, was sie so alles draufhaben auf dem Weg zum Lügen oder mit dem Beamer Lügen an die Wand werfen. Mit quietschenden Bremsen scheren sie vor mir und vor der nächsten roten Ampel wieder ein.

Auf meinem Weg zur Arbeit liegt jeden dritten Tag Glas auf der Straße. In den vergangenen fünf Jahren stieg die Zahl der Kreuze an meiner Strecke von zweien auf sieben. Alle diese Toten waren auf der Hatz nach anderthalb Minuten. Von den sieben Toten tut mir keiner Leid. Wirklich: nicht einer.

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