Sonntag, 16. Juli 2006

Richard Gere in unserem Garten

Hoher Besuch gestern. Richard Gere war da, samt Frau. Zumindest sein selbsternanntes Look-alike. Allein fünfer silbriger Haare wegen, die neuerdings seinen Scheitel zieren. Sonst besteht eigentlich keine Ähnlichkeit zwischen dem Filmstar und seinem Look-alike, was dieser aber nicht gelten lässt.

Gere und seine Frau A. spielten Boule in unserem Garten gegen Madame Stachanowa und mich. Die Gäste gewannen, Richard Geres Frau bewies großen Eifer. Beim Essen sprachen die Frauen von Kindern und wir Männer redeten wir kurz von Bloggern, die ihre Weisheit mit exquisiten Silberlöffelchen gefressen haben, und tauschten uns dann lange über Oberlippenbärte aus. Gere war der Meinung, er sähe damit aus wie Albert Einstein. Dann malte er folgende Gleichung in die Luft:

Richard Gere + Oberlippenbart = Albert Einstein. Mit Zunge raus.

Später warf sich Richard Gere erst Senf und dann die Besteckgabel auf die Leinenhose und faselte irritiert von Gallseife. Es wurde ein vergnüglicher Abend.

Seinen Sommerhut hat Richard Gere hier vergessen. Wenn er mir seine Postadresse nennt, kommt der Hut schnellstens nachgesandt nach Hollywood.

Donnerstag, 13. Juli 2006

Mein neues Thema

Mein neues Thema ist der

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Sicherheit der Lieferkette

Heißt zu deutsch: Terrorabwehr im Speditionsterminal, um zu vermeiden, dass die Osama bin Ladens dieser Welt mit dem Heizölauto davonbrausen. Lecker ist das. Geforderte Maßnahmen:
  • Schließvorrichtungen für Außen- und Innentüren, Fenster, Tore und Einzäunungen
  • Beleuchtung innerhalb und außerhalb der Einrichtung, einschließlich der Parkflächen
  • Trennung der Parkflächen für Privatfahrzeuge vom Versand-, Lade- und Frachtbereich
  • Interne/externe Kommunikationseinrichtungen zur Alarmierung des internen Sicherheitspersonals oder der örtlichen Polizei.
Besonders lustig auch diese Forderung:
  • Verfolgung der aktuellen Berichterstattung hinsichtlich der Lage im In- und Ausland oder terroristischer Aktivitäten.
Heißt also Fernsehgucken und Zeitung lesen. Respekt.

Fragen einreichen bei AnjaTanja

Ich will etwas wissen. Schnell. Eine Detailfrage.
Ich rufe jemanden an. Einen Experten. Zumindest entnehme ich das dem im üblichen Business-Code verklausulierten Titel auf seiner Visitenkarte.
Er ist nicht da.
Seine AnjaTanja will wissen, was ich ihren Chef fragen will, damit er sich vorbereiten kann.
Ich sage, ich habe eine Detailfrage und stelle sie.
AnjaTanja sagt ohwe. Dann sagt sie, sie wolle mir vorab Unterlagen zumailen.
Stunden später kommt die Mail.
Powerpoint. Viel Powerpoint. Business Process Management. Buzzwords.
Die Antwort auf meine Frage finde ich darin nicht.
Den Chef kann ich immer noch nicht erreichen.
AnjaTanja wird beim dritten Anruf schmallippig.

Wie weit ist es gekommen mit dem Management? Offenbar haben diese Idioten es verlernt, eine ihr direktes Arbeitsgebiet betreffende Frage aus dem Stegreif beantworten zu können. Anders kann ich mir das nicht erklären.

Heilige Scheiße, wenn mich heute einer anruft und was wissen will, wie irgendwas in meinem PR-Job funktioniert, brauche ich doch auch keinen kilometerlangen Anlauf. Verstehen meine "Ansprechpartner" (was für ein ekelhaft hässliches Wort, dieses "Ansprechpartner"!) so wenig von Ihrem Job?

Gerstenfelder

Die Jungstörche stehen in der Flussaue, schnappen die Grashüpfer weg. In der Mittagshitze torkeln die Grundschüler müde nach Hause, im Sommer drückt der Ranzen doppelt. Und noch ein Anzeichen ist da, dass es mit dem Sommer schon wieder rauswärts geht. Gestern haben die Bauern die ersten Gerstenfelder gemäht. Das Korn steht dicht, die Bauern fahren heuer eine gute Ernte ein. Bald schon, im August, werden alle Getreidefelder abgeerntet sein. Nur noch der Mais wird hoch stehen, dazwischen Rübenfelder und Kartoffeläcker. Wenn erst der Augustwind in den Blättern der Pappeln am Weiherufer spielt und die hellen Unterseiten der Blätter nach oben dreht, ist sie nicht mehr aufzuhalten. Meine Spätsommermelancholie.

Mittwoch, 12. Juli 2006

Riesen-Bärenklau

Der Riesen-Bärenklau wuchert rings um mein Dorf. Nachdem ich mir vor etlichen Jahren den Unterarm an so einem Scheißding veräzt habe, beschloss ich heute, dem Kroppzeug am Bachrand zuleibe zu rücken. Dick eingemummt in Motorradkluft. Leider, so erfahre ich jetzt aus der Wikipedia, nutzt das Abschneiden alleine nichts. Ich werde mir wohl einen Flammenwerfer basteln.

Montag, 10. Juli 2006

Freakshow

Ich bin ein bescheidener Mann, sagt der Industrielle mit seiner dröhnenden Stimme. Er lehnt sich zurück, das Leder knarzt unter seinem Arsch.

Dann, im Flüsterton: Das müssen Sie wissen, wenn Sie über mich schreiben wollen, das müssen Sie wissen und verstehen. Sie müssen wissen: Ich rede mit jedem. Haben Sie den Hilfsarbeiter gesehen, der da draußen den Boden verlegt, im neuen Büro? Ich habe heute schon mit ihm geredet. Ich rede mit jedem, ja, der Klaus Kattler, der redet mit jedem. Mit Ihnen, mit dem Hilfsarbeiter, mit jedem. Wenn der Hilfsarbeiter heute abend zu seiner Frau geht, wird er sagen: Der Herr Kattler hat heute mit mir geredet. Er wird seiner Frau sagen: Der Herr Kattler hat mich gefragt, wie es mir geht. Was glauben Sie, wie stolz der heute ist, dass ich mich erkundigt habe, wie es ihm geht? So bin ich. Wenn ich nicht so wäre, wäre ich nicht der Kattler Klaus. Ich interessiere mich für alles. Wie geht es Ihnen? Haben Sie Frau, haben Sie Kinder? Familie, ja, das ist wichtig. Familie. Wissen Sie, mich interessiert, welchen Hintergrund die Menschen haben, die für mich arbeiten. Die Frauen sind wichtig. Wenn eine Frau im Hintergrund nicht will, dann wird das nichts. Wissen Sie, wenn ich mit den Menschen rede, dann tue ich eigentlich etwas ganz anderes. Ich höre zu. Ich lese aus ihnen heraus, was sie denken. Das muss man. Was Sie im Moment denken, sagen Sie es mir? Sie möchten es nicht sagen? Aha, Sie wollen mich mit meinen Facetten kennen lernen. Facetten sind gut, aber: Es geht nicht um die Facetten, es geht um das Ganze. Es geht um Werte. Nicht um Facetten. Ich sage Ihnen jetzt, um welche Werte es geht: Wissen Sie, wenn ich in einen Raum komme, dann mögen mich die Menschen, ganz automatisch. Warum? Weil ich die Menschen mag. Und das spüren die Menschen. Sie werden sehen, dass Sie mich mögen. Weil ich Ihnen diene. Es ist schwer, den Menschen zu dienen, wenn man sie nicht mag. Ich will wissen, wer Sie sind, und wenn ich mit Ihnen beschäftige, vorurteilsfrei beschäftige, stellt sich automatisch Sympathie ein. Ich mag Sie, und nichts ist leichter, als Ihnen zu dienen. Sagen Sie mir, womit ich Ihnen dienen kann? Ich mag die Menschen in meinen Fabriken, ich mag ihnen dienen. Sie wissen: Der Kattler Klaus ist mein Chef, und er dient mir. Jeder weiß das, weil das jeder merkt. Auch im Vereinsleben. Wissen Sie: Ich bin Ehrenmitglied in zwölf Vereinen. Ich gehe auf jede Veranstaltung. Das kostet Zeit. Aber ich gehe hin. Und die Menschen sagen dann: Der Kattler Klaus war auch da. Wissen Sie, ich gehe auch in die Kirche, jeden Sonntag. Wenn ich eine Firma kaufe, und ich kaufe jedes Jahr eine oder zwei, wissen Sie, wo ich da hingehe, wenn ich etwas wissen muss? Ich gehe zum Herrn Pfarrer. Der weiß alles, und weiß es genauer als der Bürgermeister, der Landrat, als alle. Ich gehe zum Pfarrer und sage: Hochwürden, ich habe gesündigt. Ich will ein besserer Mensch sein, aber das Fleisch ist schwach. Erst wenn ich beim Herrn Pfarrer meine Seele gereinigt habe, spreche ich von Geschäften. Und er wird mir alles sagen, was ich wissen muss. Der Kattler Klaus versteht etwas von Geschäften, das glauben Sie mir. Sie waren Messdiener, gell? Das merkt man Ihnen an.

Freitag, 7. Juli 2006

Rückkehr der Motivationsgurus

Am 6. Juli titelt die Deutsche Verkehrszeitung DVZ: "Von Klinsmann lernen - Zwischen Fußballtraining und Personalführung gibt es viele Parallelen". Also ist Motivation jetzt schon durchdiffundiert bis in die biedere Hauspostille allerbiederster Spediteure.

Ich hab's geahnt, ich hab's befürchtet. Durch die Nation grummelt ein "Tschaka" und wird immer lauter. Motivationsgurus kriechen aus ihren Löchern, in die sie sich nach dem Abkacken der New Economy klamheimlich verkrochen haben, wieder zurück ans Tageslicht, recken die Brust und lassen die Powerpoint-Maschinen und Beamer, auch Lügenwerfer genannt, warmlaufen.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Archiv

April 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Nutzererlebnis?
Melde dich bei Facebook an, um dein Nutzererlebnis...
Stachanow - 2. Sep, 12:59
Bundeshorst ist zurückgetreten
Bundeshorst ist weg. Dass er überhaupt hinkam, war...
Stachanow - 31. Mai, 16:01
Der
Vorteil ist ja, dass man diese Triebtäter nicht mittels...
pathologe - 2. Apr, 16:11
Selbstjustiz?
Erstaunlich. Bei Kindesmissbrauch durch irgendwelche...
Stachanow - 2. Apr, 12:23
Du hast es erfasst.
Du hast es erfasst.
Stachanow - 23. Mär, 18:59

Status

Online seit 7486 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2. Sep, 12:59

Credits


Arbeit
Familie
Gute Unterhaltung
Journaille
Kapital
Meine Jugend auf dem Dorf
Politik
Work-Life-Balance
Worte
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren